Zu Lebzeiten an den Tod denken? Für viele unvorstellbar. Doch wer die Partnerin oder den Partner richtig absichern will, kann ein Berliner Testament aufsetzen. Was es dabei zu beachten gibt.
Was geschieht eigentlich mit meinem Vermögen, wenn ich sterbe? Diese Frage stellen sich viele Menschen, denn immer wieder kommt es rund ums Thema Erbe zu Streitigkeiten. Wer bekommt was – und wann? Um das zu klären, kann ein Testament helfen. Dabei ist eines besonders beliebt: „Von Eheleuten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern, die ein Testament errichten, entscheiden sich rund zwei Drittel für das sogenannte Berliner Testament“, berichtet Holger Siebert, Fachanwalt für Erbrecht. Doch was genau steckt hinter diesem Testament? Und was sind seine Vor- und Nachteile? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist ein Berliner Testament?
Das Berliner Testament ist eine besondere Variante des gemeinschaftlichen Testaments. Verheiratete oder Verpartnerte können sich damit absichern – sie setzen sich gegenseitig als Alleinerbende ein. Das Besondere daran: Erst nach dem Tod beider Personen erhalten weitere Erbende den Nachlass.
Achtung: Unverheiratete können laut Stiftung Warentest kein solches gemeinsames Testament aufsetzen.
Was Kinder erben
Das Berliner Testament hat vor allem Auswirkungen auf die Kinder des Ehepaares: Diese erben erst später – und zwar dann, wenn beide Elternteile gestorben sind. Aber: Sie können vorher trotzdem ihren Pflichtteil geltend machen. Das kann allerdings zu Problemen führen, vor allem, wenn die verbleibende Partnerin oder der verbleibende Partner dadurch in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Um das zu verhindern, kann eine Lösung die Pflichtteilsstrafklausel sein, erklärt der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, Anton Steiner. Die Klausel besagt: Kinder, die nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil fordern, erhalten auch nach dem Tod des länger lebenden Elternteils lediglich ihren Pflichtteil.
Nachteile eines Berliner Testaments
Auch wenn das Berliner Testament der länger lebenden Partnerin oder dem länger lebenden Partner Sicherheit bringt: Es hat steuerliche Nachteile. „Die steuerlichen Freibeträge in der Familie werden verschenkt“, erklärt Erbrechtsexperte Steiner. Normalerweise steht jedem Kind ein Freibetrag von 400.000 Euro pro Erbfall zu. Dieser kann jedoch beim Berliner Testament nach dem Tod des ersten Elternteils nicht genutzt werden.
Außerdem werde das Vermögen zwei Mal versteuert: Zunächst, wenn die Ehepartnerin oder der Ehepartner den Nachlass erhält, und später, wenn das Vermögen nach dem Tod des zweiten Elternteils an die Kinder vererbt wird.
Was passiert bei einer Scheidung oder Neuheirat
Bei einer Scheidung ist die Sache klar: Dann wird auch das Berliner Testament samt Inhalt unwirksam, erklärt Fachanwalt Siebert. Das sei schon dann der Fall, wenn die Erblasserin oder der Erblasser den Scheidungsantrag gestellt bzw. dem der Ehegattin oder des Ehegatten zugestimmt hat. Eine Ausnahme: In dem Testament gibt es Verfügungen, die auch für den Fall der Scheidung getroffen wurden. Doch was ist, wenn die verwitwete Partnerin oder der verwitwete Partner erneut heiratet? „Grundsätzlich passiert dann mit der getroffenen Erbeinsetzung gar nichts“, sagt der Anwalt. Die Eheleute können aber vorher im Berliner Testament eine sogenannte „Wiederverheiratungsklausel“ festlegen. Das heißt laut Siebert: Heiratet die überlebende Ehepartnerin oder der überlebende Ehepartner wieder, büßt sie oder er in so einem Fall ihre oder seine Erbstellung ein oder muss das vererbte Vermögen an die gemeinsamen Kinder abgeben.
Kann man das Testament nachträglich ändern?
Lebensumstände ändern sich. Aber darf man die Inhalte des Berliner Testaments einfach anpassen? „Solange beide Ehegatten noch leben, kann in einem solchen Testament alles einseitig widerrufen werden“, erklärt Siebert. Dafür braucht die Ehegattin oder der Ehegatte eine notarielle Erklärung, die der anderen Partnerin oder dem anderen Partner übermittelt wird. Das Testament heimlich zu ändern, geht aber nicht, wie Stiftung Warentest erläutert. Außerdem sind Änderungen nach dem Tod der ersten Ehepartnerin oder des ersten Ehepartners schwierig. „Wer hier Flexibilität haben möchte, muss sich dies im Berliner Testament ausdrücklich vorbehalten“, sagt der Fachanwalt.
So gehen Verbraucher vor
Wer sich dazu entschlossen hat, ein Berliner Testament aufzusetzen, hat zwei Möglichkeiten: Sie oder er kann das Testament eigenhändig erstellen oder einen Notar aufsuchen.
Wer das Dokument selbstständig aufsetzen will, muss allerdings auf folgendes achten, erklärt Siebert:
- Die Erblasserinnen oder Erblasser müssen das Dokument eigenhändig handschriftlich aufsetzen und unterschreiben. „Beim Berliner Testament reicht es aus, wenn einer der beiden Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner das Testament handschriftlich aufsetzt und es dann beide unterschreiben.“ Achtung: Einen Text auf dem Computer abzutippen, auszudrucken und dann zu unterschreiben, reicht nicht aus.
- Das Testament sollte außerdem mit einem Datum versehen werden, muss es aber nicht.
Der Weg zum Notar ist rechtlich gesehen sicherer – aber auch mit Kosten verbunden. Nach Finanztip müssen Erblasserinnen und Erblasser beispielweise bei einem Nachlass von 200.000 Euro 870 Euro zahlen, zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer. Der Ratgeber Finanztip rechnet vor.
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