Die gesetzlichen Krankenkassen haben im Jahr 2023 einen kräftigen Anstieg bei den neuen Pflegefällen verzeichnet. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, gelangt die Pflegeversicherung früher als erwartet an ihre Leistungs- und Finanzierungsgrenzen. Zusätzlicher privater Risikoschutz könnte Abhilfe verschaffen.
Die Bevölkerung hierzulande altert. Jährlich registriert das Statistische Bundesamt einen wachsenden Anteil hochbetagter Menschen an der Gesamtbevölkerung. Dieser Personenkreis ist altersbedingt am häufigsten von einer Pflegebedürftigkeit betroffen, sodass für die kommenden Jahre eine steigende Zahl an Pflegefällen erwartet wird.
Dass es sich dabei nicht nur um Szenarien handelt, sondern um die handfeste Realität, bestätigten nun aktuelle Zahlen des Spitzenverbandes des gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband). Im vergangenen Jahr hat der GKV-Spitzenverband nämlich rund 361.000 neue Pflegefälle registriert – und damit viel mehr als sonst üblich. Denn in früheren Jahren wurden durchschnittlich etwa 326.000 neue Pflegefälle jährlich verzeichnet.
Ursache ist nicht ganz klar
„Wir sehen einen sprunghaften Anstieg bei den Pflegefällen“, erläuterte Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, im Interview mit der Funke Mediengruppe. Die Ursache dieser Entwicklung ist für den GKV-Spitzenverband nicht ganz klar. Denkbar wäre, dass es ein einmaliger Nachholeffekt der Pandemie ist, so Kiefer. „Sollte dies jedoch ein neuer Trend sein, wird sich die Lage in der Pflege noch einmal deutlich kritischer darstellen.“
Mit Blick auf die Zukunft meint Kiefer daher: „Wenn wir so weitermachen, passieren höchstwahrscheinlich drei Dinge: Erstens werden die Kosten für die Pflege in einem Ausmaß steigen, das für sehr viele Pflegebedürftige nicht mehr zu stemmen ist. Zweitens werden Beschäftigte und Arbeitgeber überlastet, sollte die Politik weiter eindimensional und einfallslos auf steigende Beiträge setzen. Drittens muss wirksam zusätzliches Personal in die Pflege geholt werden, und Pflegerinnen und Pfleger müssen im Beruf verbleiben.“
GKV-Spitzenverband sieht Handlungsdruck
Angesichts der jüngsten Zahlen warnte Kiefer: „Wenn die Politik weiter ausschließlich an der Beitragsschraube drehe, würden die Beiträge weiter schrittweise steigen.“ Es gebe Alternativen, etwa dass der Staat einige der Leistungen, die aktuell der Pflegeversicherung zugeordnet seien, selbst übernehme. „Deshalb ist mein dringender Appell auch mit Blick auf die verlässliche Finanzierung, dass die Bundesregierung zum 1. Januar 2025 handeln muss. Es wäre klug, wenn das Thema nicht in den Bundestagswahlkampf gezogen würde.“
Erst kürzlich war der aktuelle Pflegereport der Krankenkasse DAK-Gesundheit zum Ergebnis gekommen, dass noch in diesem Jahr eine weitere Beitragserhöhung in der sozialen Pflegeversicherung nötig werden könnte. Dabei war erst Mitte des vergangenen Jahres der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung sowie die Aufschläge für Kinderlose erhöht worden. Mit diesen Änderungen sollte die Finanzierung eigentlich bis einschließlich 2025 gewährleistet sein.
Kunden für eigene Pflegebedürfnisse sensibilisieren
Die soziale Pflegeversicherung aber sei nie dafür gedacht gewesen, sämtliche Kosten einer Pflegebedürftigkeit abzudecken, heißt es dazu wiederum vom PKV-Verband. Versicherungsmakler sollten angesichts der aktuellen Entwicklungen im Bereich der Pflegeversicherung ihre Kunden auf die steigenden Kosten und die möglichen Auswirkungen auf die Finanzierung ihrer eigenen Pflegebedürfnisse hinweisen. Es ist wichtig, dass die Kunden die langfristigen finanziellen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem steigenden Bedarf an Pflegeleistungen erkennen – zudem ein geeigneter Beratungsanlass, um über eine angemessene private Pflegezusatzversicherung zu sprechen. (as)
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