Leitungswasserschaden durch Frost – wann ein Gebäude als nicht genutzt gilt

8.11.2024 – Weder die gelegentliche Präsentation durch einen Makler gegenüber Kaufinteressenten noch eine geplante Weitervermietung oder die Vornahme von Renovierungsarbeiten führen in einem leer stehenden Haus zu einer Nutzung. Nicht genutzte Gebäude sind jedoch genügend häufig zu kontrollieren und alle Wasser führenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Kommt der Versicherungsnehmer dem nicht nach, verletzt er seine Obliegenheiten. Dies zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.

Ein Einfamilienhaus, das mehrere Monate leer gestanden hatte, wurde zum 1. April 2021 neu vermietet. An diesem Tag meldete der Eigentümer der Wohngebäudeversicherung einen Wasserschaden und ließ einen Sachverständigen kommen.

Dieser dokumentierte Beschädigungen im Erdgeschoss und Obergeschoss des Hauses. Er schätzte die Sanierungskosten auf netto 30.834,95 Euro.

Gutachter führt Leckage auf Frosteinwirkung zurück

Die Versicherungsgesellschaft, die über den Leerstand nicht informiert worden war, beauftragte ebenfalls einen Sachverständigen. Dieser sollte nicht nur den Schaden aufnehmen, sondern auch die Ursache für das Malheur feststellen. In seinem Gutachten hielt er wenige Tage später unter anderem fest, dass der Besitzer seit dem 10. Oktober 2020 nicht mehr in dem Haus gewesen sei.

Die Heizungsanlage sei von dem Eigentümer ausgeschaltet worden, die Heizungsrohre seien nicht entleert worden. Der Wasserschaden sei etwa um die Zeit des Einzugs der neuen Mieter entdeckt worden.

Es sei davon auszugehen, dass die Leckage auf Frosteinwirkung in dem unbeheizten Gebäude zurückzuführen sei. Gefrorenes Heizungswasser habe das Kupferrohr in der Außenwand des Badezimmers im ersten Obergeschoss aus dem Rohranschluss herausgedrückt.

Wohngebäudeversicherer lehnt Schadensregulierung ab
Daraufhin lehnte der Versicherer eine Schadensregulierung aufgrund einer Leistungskürzung wegen schuldhafter vertraglicher Obliegenheitsverletzungen ab. Diese Entscheidung wollte der Hausbesitzer jedoch nicht hinnehmen und zog vor das Landgericht Hanau.
Dort führte er aus, das Gebäude sei bis Ende Dezember 2020 voll vermietet gewesen. Es habe anschließend veräußert werden sollen und sei von dem mit der Vermarktung beauftragten Makler regelmäßig mehrfach in der Woche für Besichtigungen aufgesucht worden. Das Haus sei stets ausreichend beheizt gewesen.
Es handele sich unstreitig um einen Wasserrohrbruchschaden und nicht um einen Frostschaden. Von Dezember 2020 bis März 2021 seien keine derartigen Temperaturen gewesen, die zu einem Frostschaden hätten führen können. Die Richter wiesen seine Klage jedoch ab (9 O 156/22).
Gelegentliche Hausbesichtigungen führen nicht zu einer Nutzung
Der Hausbesitzer ging in Berufung. Zur Begründung gab er unter anderem an, das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, dass das Gebäude von Januar bis März 2021 nicht „genutzt“ worden sei. Das Gebäude sei jedoch zur Vermarktung genutzt worden.
Damit hatte er jedoch auch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Die Berufung wurde mit Urteil vom 6. Dezember 2023 (18 U 53/22) zurückgewiesen. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Ein Gebäude wird nach allgemeinem Sprachgebrauch dann nicht genutzt, wenn es leer steht und damit nicht als Wohnung oder Lager gebraucht wird.
OLG Frankfurt am Main
„Ein Gebäude wird nach allgemeinem Sprachgebrauch dann nicht genutzt, wenn es leer steht und damit nicht als Wohnung oder Lager gebraucht wird“, heißt es im Urteil. Ein entsprechender Passus in den Versicherungsbedingungen komme nicht bereits zur Anwendung, „wenn ein versichertes Gebäude nicht ständig genutzt wird, sondern erst dann, wenn es nicht (mehr) genutzt wird“.
Das Haus des Klägers habe zumindest von Januar bis März 2021 leer gestanden und sei auch nicht bestimmungsgemäß bewohnt worden. Dabei führten auch weder die gelegentliche Präsentation durch einen Makler gegenüber Kaufinteressenten noch eine geplante Weitervermietung oder die Vornahme von Renovierungsarbeiten in einem leer stehenden Haus zu einer Nutzung, so die Richter.
Weiß der Versicherungsnehmer, dass der Mieter ausgezogen ist, besteht eine Kenntnis der Nichtnutzung.
OLG Frankfurt am Main
Besitzer hat vorherrschende Temperaturen nicht beachtet
Der Kläger habe gegen Obliegenheiten verstoßen, weil er nicht alle Wasser führenden Anlagen und Einrichtungen abgesperrt, entleert und entleert gehalten habe. Zudem sei davon auszugehen, dass er seiner Kontrollpflicht nicht genügt habe. Das Betreten des Hauses zum Zwecke seiner Veräußerung bedeute noch keine Kontrolle. Der Kläger sei seit Oktober selbst nicht mehr vor Ort gewesen.
Laut eines Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes habe im Februar eine sechstägige Dauerfrostperiode geherrscht, bei der die Temperaturen auf bis zu minus 14 Grad zurückgingen.
Der Kläger habe zwar pauschal behauptet, das Haus sei stets beheizt gewesen und der Makler habe bestätigt, dass die Heizung bei den während der Verkaufszeit regelmäßig durchgeführten Besichtigungen „immer in Ordnung“ gewesen sei.
Es sei aber weder vorgetragen worden, auf welcher tatsächlichen Grundlage diese Bewertung erfolgt sei, noch sei ersichtlich, dass der Kläger, der eine Frostperiode bestritten habe, überhaupt den vorherrschenden Temperaturen Beachtung geschenkt und die Heizung entsprechend eingestellt hätte.
Untätigkeit trotz Leerstand ist laut Urteil grob fahrlässig
Die Richter bewerteten das Verhalten des Immobilienbesitzers als grob fahrlässig. Sie sahen es als gegeben an, dass ihm die grundliegenden Obliegenheiten bekannt waren und er zudem von dem Auszug des Mieters wusste.
„Weiß der Versicherungsnehmer, dass der Mieter ausgezogen ist, besteht eine Kenntnis der Nichtnutzung […]. Sperrt er dennoch die Wasserleitungen nicht ab und entleert er diese nicht, so handelt er regelmäßig grob fahrlässig […]“, heißt es im Urteil.
Dies gelte hier umso mehr, „als der Leerstand mehrere Monate und über die winterliche Jahreszeit andauerte und der Kläger nicht nur die wasserführenden Anlagen und Einrichtungen nicht abstellte, sondern auch eine genügende Kontrolle des Objekts unterließ“. Die grob fahrlässige Verletzung der Obliegenheit führe zu einer völligen Leistungsfreiheit der Beklagten.

Mona Backhaus