Union und SPD einigen sich auf Pflichtversicherung gegen Elementarschäden
26.3.2025 – Versicherer sind nach den Plänen der beiden voraussichtlichen Koalitionsparteien künftig dazu verpflichtet, Immobilieneigentümern eine Elementarschadendeckung mit jeder Wohngebäudeversicherung anzubieten. Dies berichten verschiedene Medien. Geprüft werde noch eine „Opt-out-Lösung“. Für die langfristige Rückversicherbarkeit soll eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden eingeführt werden.
Die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD schreiten voran. Die Arbeitsgruppe „Innen, Recht, Migration und Integration“ hat sich offenbar auf die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden geeinigt. Dies meldet am Mittwochmorgen unter anderem die Wirtschaftswoche unter Berufung auf die Nachrichtenagentur Reuters.
In dem Bericht heißt es, die Rechtspolitiker von Union und SPD würden sich für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen aussprechen. Das gehe aus dem Papier der zuständigen Arbeitsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen hervor, das der Nachrichtenagentur vorliege.
Einführung einer staatlichen Rückversicherung für Elementarschäden
Darin werde angekündigt: „Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden.“
Es solle zudem geprüft werden, ob dieses Modell mit einer „Opt-out-Lösung“ versehen werden könne. Um eine langfristige Rückversicherbarkeit sicherzustellen, solle zudem eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden eingeführt werden.
„Die Versicherungsbedingungen werden weitgehend reguliert“, würden die Koalitionäre in spe berichten. Es müsse auch geprüft werden, ob Planungsbehörden in den Ländern Verantwortung bei der Bauleitplanung in besonders schadensgefährdeten Gebieten übernehmen sollten.
Dabei gehe es um Staatshaftungsregeln der planenden Körperschaften, die neue Baugebiete in bisher unbesiedelten Arealen trotz erheblicher Risiken ausweisen würden. Die Belange von Mietern wolle man im Blick behalten.
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Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann verhinderte bislang Einigung
Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wird seit der Hochwasserkatastrophe 2021 wieder intensiv diskutiert (VersicherungsJournal Archiv). Das Unwetter verursachte einen Versicherungsschaden in Höhe von rund 8,5 Milliarden Euro. Zum Zeitpunkt der Sturzflut waren nur 46 Prozent der Wohngebäude in Deutschland gegen Naturgefahren versichert. Mittlerweile sind es 54 Prozent.
Bund und Länder konnten sich jedoch während der Ampelregierung nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen (21.6.2024, 9.12.2022). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte sich stets den Plänen der Ministerpräsidenten in den Weg gestellt und eine Pflichtversicherung aufgrund einer „unglaublichen Bürokratie“ abgelehnt.
Zuletzt hatte er eine Angebotspflicht vorgeschlagen, die vorsah, dass Altverträge per Angebot aufgestockt werden können und Neuverträge eine abwählbare Elementarschadenversicherung enthalten.
Diese Angebotspflicht ähnelte stark dem Konzept des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) (18.6.2024). Der Verband spricht sich für eine Opt-out-Lösung im Zusammenspiel mit mehr Prävention und einer Risikoteilung zwischen privaten Versicherern und dem Staat für den Fall extremer Naturkatastrophen aus.
Vereinbarungen erinnern an SPD-Vorschlag nach französischem Vorbild
Die jetzt von den möglichen neuen Koalitionspartnern ausgehandelte Lösung erinnert an das von der SPD vor einem Jahr vorgeschlagene System nach französischem Vorbild (15.3.2024).
Dieses sah vor, Versicherer zu verpflichten, Immobilieneigentümern eine Elementarschadendeckung mit jeder Wohngebäudeversicherung anzubieten. „Der Abschluss einer Gebäudeversicherung ohne den Schutz gegen Elementarschäden ist dadurch künftig nicht mehr möglich“, hieß es in dem Papier.
Auch die Vertragsbedingungen sollten nach den Plänen in Zukunft, wie in Frankreich, vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden. „Wir werden gesetzlich einen Katalog von Naturgefahren definieren, deren Schäden von der Versicherung erfasst sind“, wurde berichtet. Dieser enthalte nur „außergewöhnliche beziehungsweise extreme Ereignisse“.
Genannt wurden „Hochwasser beziehungsweise Überschwemmungen durch Starkregenereignisse oder steigendes Grundwasser, Lawinen, Erdbeben oder Bodensenkungen nach erheblichem Regen“. Explizit wurde betont: „Die Elementarschadenversicherung muss insbesondere auch Schäden durch Sturmfluten abdecken.“
Auch Union forderte staatliche Rückversicherung
Die französische Lösung wurde zum gleichen Zeitpunkt auch eingehend in einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages diskutiert (12.3.2024). Das Gremium hatte sich auf Antrag der CDU/CSU mit der Elementarschadenversicherung befasst.
In dem Antragsschreiben hatte die Union von der Ampelregierung gefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der versicherungsvertragsrechtlich sicherstellt, dass „im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten wird, die nach Belehrung über die Konsequenzen abgewählt werden kann (Opt-out)“.
Zudem wurde angemahnt, dass „im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden, die innerhalb einer gewissen Frist nach Belehrung über die Konsequenzen abgewählt werden kann“.
Gefordert wurde zudem, dass eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden mit Prämienkorridor eingeführt wird. Ebenso, dass Planungsträger für ihre Verantwortung bei einer Bauleitplanung in besonders schadensgefährdeten Gebieten sensibilisiert und Staatshaftungsregeln der planenden Körperschaften geprüft werden.
Mona Backhaus
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